Life Crafting ist wie ein Kunsthandwerk. Ein Handwerk, das Aufmerksamkeit, Übung und Hingabe erfordert und das dich dafür mit einem Werkstück belohnt, das aus dir heraus entstanden ist, das wirklich zu dir und deinen Umständen passt und das du einfach nur wunderschön findest. Dieses Werkstück ist dein Leben. Du hältst es bereits in Händen, weshalb nicht etwas damit machen?
Was ist also die Besonderheit von Life Crafting, wie ich es verstehe? Das erkläre ich am besten im Vergleich zum bereits populäreren Life Design.
Life Crafting oder Life Design?
Life Crafting und Life Design zielen auf das Gleiche ab: sich ein Leben zu gestalten, das zu einem passt. Beim Life Design greift man dafür vor allem auf die Methodologie des Design Thinkings zurück - alles ist erlaubt. Das Leben kann theoretisch komplett umgekrempelt werden. Im Design Thinking Prozess wird dabei immer wieder gewechselt zwischen "Open your mind", also öffne dich für alle Möglichkeiten und "entscheide womit du jetzt konkret losgehen möchtest", also welche der vielen Möglichkeiten scheint aktuell am Vielversprechendsten. Dann werden mit dem daraus resultierenden Prototypen Datenpunkte gesammelt und eine neue Iterationsrunde beginnt.
Life Design beinhaltet also eigentlich alles was man braucht. Zumindest in gewisser Hinsicht. Denn, was ob der Euphorie eines neuen Designs manchmal ins Hintertreffen gerät, sind die möglichen Hindernisse in der Umsetzung. Blockaden, Überlastung, Entscheidungsfindungsprobleme, Ablenkungen, Tiefs, ... hier setzt der Formenkreis an, den ich mit Life Crafting übersetze. Es geht darum, das Leben so wie es aktuell eben ist, einfach mitzunehmen.
Job Crafting als Inspiration
Warum ich den Begriff Life Crafting so mag? Im Life Design gibt es eine Methode, die sich Job Crafting nennt. Diese Methode zielt darauf ab, einen bestehenden Job so zu verändern, dass er besser zu einem passt. Es wird also kein völlig neuer Beruf kreiert, sondern es werden verschiedene Stellschrauben genutzt um das, was ohnehin schon da ist, gekonnt anzupassen. Als ich diese Methode kennenlernte dachte ich: das lässt sich auch auf das Leben insgesamt anwenden! Und so kam ich zu dem Schluss, dass der Begriff Life Crafting diesen Ansatz wirklich gut beschreibt - wir nehmen etwas Bestehendes und arbeiten damit! An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass es für den Terminus "Life Crafting" sicher noch andere Bedeutungsvarianten gibt. Für mich ist es einfach ein super passender Arbeitstitel für das nervensystemfreundliche und achtsame Shapen der eigenen Realität.
Der Kern von Life Crafting
Vereinfacht könnte man sagen, Life Design zeigt das "Was" und Life Crafting das "Wie". Wie kann ich meinen Traum einer eigenen Schneiderei verwirklichen, wenn ich mit 3 Kindern alleinerziehend bin? Wie kann ich mehr Zeit für meine Kinder UND mein Lieblingshobby aufbringen? Wie kann ich an meinen Visionen dranbleiben, wenn jeden Tag etwas anderen dazwischen kommt? Wie kann ich all meine Träume leben, wenn mir jeder sagt, ich solle mich endlich entscheiden? Wie kann ich mein Leben in die Hand nehmen, obwohl ich meinen Alltag nicht über Board werfen kann und will?
Life Crafting steht für die kleinen Schritte. Die, die nervensystemfreundlich und voller Selbstfürsorge für dich da sind. Die Schritte, die deine Selbstwirksamkeitserwartung stärken. Die Schritte, die du jeden Tag gehen kannst, selbst wenn du keine Kraft mehr zu haben scheinst. Es geht darum, wie wir mit uns selbst sprechen und darum, wie wir unsere Ziele setzen. Es geht darum, wie präsent wir sind und wie verbunden mit uns selbst. Wieviel wir im Kopf unterwegs sind und wieviel wir in den Körper spüren. Es geht um Intuition, um Pausen, um Geduld, um Sanftmut, um Kontinuität, um Selbstliebe. Und es geht darum, dass das Leben Widersprüche enthalten darf.
Mit dem gehen was da ist
Life Crafting ist besonders dann hilfreich, wenn man nicht sein komplettes Leben umkrempeln kann oder will und wenn man sich selbst auf der anstehenden Reise ein noch besserer Begleiter / eine noch bessere Begleiterin sein möchte. Wenn man frustriert ist, weil man vielleicht schon so einiges ausprobiert hat. Weil man alles einfach mal da sein lassen möchte. Life Crafting ist komplex und vielschichtig - genau wie jeder Mensch auf diesem Planeten. Es gibt keine Standardmethode, keinen vorab definierten Prozess. Es ist vielmehr ein Blumenstrauß, der uns dabei hilft, zu wachsen und weiterzugehen. Und zwar mit allem was uns aktuell begleitet. Es hilft uns jeden Tag unsere Vision zu leben, egal wie weit wir uns selbst davon entfernt sehen.
Dem Raum geben was ist und trotzdem mit dem in Kontakt gehen was sein will.
Im Life Crafting geht es darum, sich den Weg so zu gestalten, dass er gegangen werden kann, egal wie viel Zusatzgepäck an Verpflichtungen und Zweifeln aktuell dabei ist. Ohne "Wenn ... dann..."
Viele Bälle in der Luft? Warum nicht?
Besonders gut tut es, Life Crafting zu betreiben, wenn man viele Interessen und/oder viele Verpflichtungen hat. So kann man in Bewegung kommen, ohne sich zu sehr zu beanspruchen - was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dranzubleiben. "Du musst dich entscheiden" wird uns oft nicht gerecht. Meist können die verschiedenen Interessen sogar wunderbar voneinander profitieren.
Es braucht aber einen guten Rhythmus. Wie in einem gut gemischten Song, in dem alle Tonspuren harmonisch miteinander arrangiert werden wollen. Damit ein spannender Titel herauskommt, der wirklich rundherum schön klingt, braucht es Höhen UND Tiefen. Es braucht Abwechslung. Es braucht Verdichtung UND Pausen. Es braucht tragende Elemente UND Akzente. Und: jede Menge Bauchgefühl. In jeder Sekunde zu spüren, was zu viel ist und was zu wenig. Dabei arbeitet der Kopf harmonisch mit dem Körper und dessen Gespür zusammen. Sich diese Momente auch im Alltag herzuholen, ist magisch.
Dem Kopf die richtigen Aufgaben geben
Welche Rolle spielt da der Kopf genau? Der Kopf darf und soll mitreden - aber nicht die ganze Zeit dazwischenfunken. Grübeln und sich sorgen ist nett gemeint von unseren Hirnwindungen (ja wirklich!), aber oft eben nicht ganz so dolle hilfreich. Der Kopf ist dran, wenn es um das Träumen und Konzeptionieren geht und manchmal auch in der Umsetzung, wenn wir auf Probleme stoßen. Da kann er uns wirklich eine große Hilfe sein. Er darf aber auch mal Pause machen. Das muss er allerdings oft erst noch lernen. Denn bislang hatte er meist die Hauptrolle zu tragen. Von Kleinauf lernen wir, viel und gut zu analysieren.
Die Magie des Life Craftings geschieht allerdings vor allem im Dazwischen. Dieses Dazwischen bleibt wiederum nur dann ein Dazwischen, wenn der Kopf zur Ruhe kommt und nicht weiter Interferenzen kreiert.
Es gibt Menschen, die können das ganz natürlich. Wenn man sie fragt "Woran denkst du gerade?" kann da schon mal ein "Nichts Bestimmtes." als Antwort kommen. Ich finde das sehr faszinierend. Denn ich als Analytikerin denke eigentlich ständig über etwas nach. Dass ich mal an "nichts Bestimmtes" denke, ist üblicherweise sehr, sehr selten. Aber auch mir ist es schon gelungen und es tut gut. Für alle, die auch einen recht aktiven Kopf ihr Eigen nennen, habe ich hier ein paar Quick-Fixes.
Vom Kopf in den Bauch in weniger als 3 Sekunden:
#1 Zur Lieblingsmusik tanzen (ohne dass jemand dabei zusieht)
#2 Singen (wenn niemand zuhört oder auch wenn jemand zuhört)
#3 Atem beobachten (oder mit jedem Einatmen hochzählen bis 10 und dann wieder bei 1 starten)
#4 Herzversunken Spielen (mit den Kindern zum Beispiel)
#5 Schreiben (egal was und wie - Tagebuch, Journal, Geschichten, Romane, ...)
#6 Irgendwas Kreatives TUN (Fensterbild gestalten, Mandala ausmalen, whatever you like)
#7 Instrument lernen (das schaltet den Kopf ziemlich zielsicher in einen konstruktiven Modus)
Probier aus, was für dich funktioniert. Experimentiere mit Dingen, die dich etwas Tun lassen und dir dabei Freude bereiten. Wo wir gerade beim Tun sind. Life Crafting à la Rebecca hat ein Kernelement: Mindful Prototyping.
Mit Mindful Prototyping typgerecht Erfahrungen sammeln
Prototyping ist auch ein Kernelement beim Life Design. Bei dem, was ich Mindful Prototyping nenne, geht es darum, besonders nervensystemfreundlich Erfahrungen zu sammeln. Denn beim Prototyping geht es darum, Annahmen zu überprüfen. Und das geschieht auf Basis von Erfahrungen. Der Rat "einfach mal machen" funktioniert aber nicht immer und schon gar nicht für jeden. Die Frage, die Mindful Prototyping adressiert: "Wie können wir es so machen, dass ich es gerne machen will und kann."
Es geht darum, freundlich mit sich selbst zu sein und die eigenen Umstände anzuerkennen und zu würdigen, anstatt gegen sie anzukämpfen. Wenn ein sensitiver, introvertierter, nicht besonders netzwerk-orientierter Mensch den gut gemeinten Rat bekommt, seine frisch geborene Idee einfach mal in die Netzwerke zu werfen, kann das zu kleinen Panikausbrüchen führen. Das ist dann kein kleiner nächster Schritt, sondern der Auslöser einer handfesten Blockade.
Mindful Prototyping dreht das Ganze ein wenig um. Es schaut zuerst, was sich gut anfühlt und findet dann heraus, wie man damit weiterarbeiten kann. Wir nehmen uns selbst bedingungslos ernst. Damit schaffen wir eine hervorragende Basis für Kontinuität. Und Kontinuität ist neben dem Dazwischen genau das, was uns langfristig voranbringt und schließlich die Wunder hervorbringt, nach denen wir uns manchmal sehnen.
Und du?
Was sind die Themen, die sich zeigen wollen? Wie oft hast du schon etwas angefangen, an dem du gerne länger drangeblieben wärst? Gibt es eine Sache die du schön öfter angefangen hast? Was kommt immer wieder zu dir? Was frustriert dich gerade am meisten? Es gibt keinen Quick-Fix der über Nacht alle Scherben beseitigt, aber der Weg des Künstlers steht dir immer frei - warum nicht zum Beispiel ein Mosaik legen?
Alles Liebe,
Rebecca
Fotos: Canva